Abnahmeverweigerung bei Software

Software ist zum Abnahmezeitpunkt erfahrungsgemäß oft nicht am Stand der Technik. Entspricht ein Produkt bzw. eine Dienstleistung zum Abnahmezeitpunk (~ "Zeitpunkt des Gefahrenübergangs") nicht dem Stand der Technik, so handelt es sich um einen Mangel. Gemäß Gewährleistungsrecht (§ 437ff BGB bzw. § 932 ABGB) kann der Käufer nun Austausch oder Verbesserung verlangen und wenn diese Maßnahmen nicht zielführend oder unzumutbar ist, vom Vertrag zurücktreten bzw. bei geringfügigen Mängeln eine Preisminderung verlangen.

Dazu muss aber zunächst einmal die Abnahme verweigert werden. Mit der Abnahme würde der Auftraggeber nämlich bestätigen, dass der Auftragnehmer seinen Leistungspflichten nachgekommen sei. Nur bei geringfügigen Mängeln (z.B. teilweise Verfehlung der Einhaltung von Naming-Conventions, Einsatz von Libraries mit veralteten aber noch gewarteten Versionen) fehlt die rechtliche Grundlage, um die Abnahme zu verweigern. Die Mängel müssen aber dennoch im Rahmen der Gewährleistung behoben werden.

In den allermeisten Fällen ist die Verweigerung der Abnahme einer Software auf Grund des Nicht-Einhaltens des Standes der Technik rechtlich gedeckt:

Üblicherweise handelt es sich bei Verfehlungen des Standes der Technik um schwerwiegende Mängel: Der Stand der Technik hat nicht nur enorme Auswirkungen auf die Wart- und Weiterentwickelbarkeit und somit Lebensdauer der Software. Verfehlungen des Standes der Technik machen oft den Einsatz einer Software aus juristischen bzw. technischen Gründen ganz und gar unmöglich: Mit dem Einsatz einer Software mit bekannten Mängel trifft den Auftraggeber zumindest eine Teilschuld, wenn diese Mängel gesetzlichen Bestimmungen widersprechen oder zu Schäden führen. Ebenso macht der Einsatz einer Software die Behebung der Mängel oft aufwändiger, weil beispielsweise die Bereinigung von Datenfehler im Betrieb extrem aufwändig bis unmöglich sein kann.

Macht es aber auch wirtschaftlich Sinn, die Abnahme zu verweigern? Aus wirtschaftlichen Gründen kann es ja sinnvoll sein, die Software trotz Mängel in Einsatz zu nehmen. Das üblicherweise nur dann, wenn keine der oben genannten juristischen oder technischen Gründe dagegen sprechen →

Der Einsatz einer mangelhaften Software sollte immer von beiden Vertragsparteien befürwortet werden, da sie nur gemeinsam ein Bild von den möglichen Auswirkungen der Schäden haben.

In diesen Fällen wird oft eine bedingte Abnahme gemacht: Die Software wird in Einsatz genommen und eine zeitnahe Behebung der Mängel gegen Rückhaltung (eines Teils) des Entgeltes vereinbart. Das ist aber nur dann sinnvoll, wenn die Mängel 1) zeitnah (z.B. innerhalb eines Jahres) behebbar sind und 2) deren Behebung nicht zu Verschlimmbesserungen führt (was leider oft der Fall ist).

Fazit: Die Abnahme einer Software auf Grund des Nicht-Einhaltens des Standes der Technik zu verweigern, wird dringend angeraten. Erst danach macht es Sinn darüber nachzudenken, die Software zu verbessern und/oder trotz ihrer Mängel mit allen damit verbundenen Risiken in Einsatz zu nehmen.

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